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Ein Jahr AVdual

Danilo Weßel

Im vergangenen Schuljahr (2019/20) wurde an der Ludwig-Erhard-Schule Pforzheim der Bildungsgang Ausbildungsvorbereitung dual (kurz: AVdual) eingeführt. Rückblickend lässt sich feststellen: Diese Einführung war ein herausragender Erfolg! Alle Schülerinnen und Schüler erreichten einen sehr guten Abschluss, wenn man von den von neidischen Schulen widerrechtlich abgeworbenen Abbrechern und den gestohlenen Abschlüssen absieht. 
Bereits während des Schuljahres war tagtäglich zu sehen, wie überglückliche Schülerinnen und Schüler das B-Gebäude verließen. Fragte man sie nach dem Grund ihrer Freude, hörte man immer wieder die Antwort, dass man nie zuvor so viele wichtige Dinge in so kurzer Zeit gelernt habe. Insofern war der frenetische Beifall, den die Lehrer des AVdual-Teams am Schuljahresende erhielten, mehr als gerechtfertigt. Durch aufopferungsvolle Arbeit war es ihnen gelungen, all diesen jungen Menschen eine vorzügliche Ausgangsposition für ihr weiteres Leben zu geben. Einige Schüler bestanden sogar darauf, das Schuljahr zu wiederholen. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen des letzten Schuljahres waren diese freiwilligen Entscheidungen mehr als nachvollziehbar und zeugten von der gewachsenen Reife dieser Schülerinnen und Schüler. 
Besonders zu loben ist auch die stets klug und weitsichtig agierende Teamleitung unter Führung eines großartigen, vielleicht sogar des großartigsten Fachbereichsleiters aller Zeiten. 
Die Ludwig-Erhard-Schule blickt nun in eine verheißungsvolle Zukunft, denn durch dieses leuchtende Beispiel der Pädagogik dürfte es auch in anderen Bildungsgängen zu Nachahmungseffekten kommen.

So oder ähnlich hätte sich dieser Beitrag wohl gelesen, wenn er aus der Feder einer uns allen bekannten Person aus Übersee stammen würde. Allerdings wäre er damit inhaltlich genauso weit an der Wahrheit vorbeigegangen, wie die meisten seiner Aussagen. Also nun im Ernst:
Das erste Jahr AVdual an unserer Schule war kein einfaches. Eine Orientierungsphase am Anfang des Schuljahres, gefüllt mit Inhalten wie Zielvereinbarungen, Teambuilding-Maßnahmen, einer Vielzahl organisatorischer Belange und einer sehr zeitintensiven Kompetenzanalyse, ließ die Zeit bis zu den Herbstferien sehr schnell vergehen. In den verbleibenden Wochen des ersten Halbjahres wurden Schülerinnen und Schüler mit verschiedenen Leistungsstärken gemischt in insgesamt vier Klassen beschult. Durch die konzeptuell vorgesehenen, differenzierten Unterrichtsmethoden ist es im AVdual möglich, auf dem jeweils fachspezifisch passenden Niveau zu lernen. 
Außerdem fanden zwei mehrtägige Schullandheimaufenthalte in Bad Urach statt, in denen die Förderung der mentalen Stärke im Vordergrund stand.

Im zweiten Halbjahr wurde dann eine Trennung der Schülerinnen und Schüler, die auf dem C-Niveau lernten und der Zweijährigen Berufsfachschule zugehörig waren, von denen mit dem Bildungsziel Hauptschulabschluss erforderlich. Insbesondere Inhalte aus dem berufsfachlichen Bereich wie Rechnungswesen und Navision waren im ersten Halbjahr zu kurz gekommen. Außerdem unterscheiden sich auch die Inhalte der Bildungspläne der anderen Kernfächer in den verschiedenen Niveaustufen stark. Um einerseits die Voraussetzungen für einen mittleren Bildungsabschluss für C-Niveau-Schüler im nächsten Jahr zu schaffen und andererseits A-Niveau-Schüler adäquat auf die Hauptschulabschlussprüfung vorbereiten zu können, war diese Teilung unumgänglich und kam im Nachhinein vielleicht sogar zu spät. Wie wir alle wissen, trat nämlich im zweiten Halbjahr Covid 19 in unser Leben und machte uns einen Strich durch die Planungen. Nach sechs Wochen Unterricht wurde die Schule Mitte März geschlossen. Die für April geplanten Praktika mussten ebenfalls entfallen. Fernunterricht wurde wie in anderen Bildungsgängen zwar auch im AVdual angeboten, aufgrund der fehlenden privaten Hardwareausstattung der Schüler und der Tatsache, dass die so vermittelten Inhalte nicht benotet werden durften, war die Teilnahme der Schüler am Fernunterricht jedoch sehr begrenzt.

Ab Mai war dann zwar wieder Unterricht möglich, allerdings machten einige Schüler weiterhin von dem Recht Gebrauch, dem Unterricht aufgrund der in Schulen erhöhten Infektionsgefahr fernzubleiben. Es gelang uns trotz allem, die A-Niveau-Schüler so auf die Prüfung vorzubereiten, dass fast 90% die Prüfung bestanden. 

Schlechter lief es im C-Niveau. Noten durften zwar noch gemacht werden, waren aber letztlich ohne Belang. Aufgrund der Anordnung des Kultusministeriums, alle Schüler zu versetzen, wurden am Schuljahresende alle Schüler des C-Niveaus ins zweite Jahr der Berufsfachschule versetzt, obwohl sich hierunter viele befanden, die nicht das erforderliche Leistungsniveau hatten und die das Schuljahr unter normalen Umständen wohl hätten wiederholen müssen. Die ausdrücklich vom Kultusministerium eingeräumte Möglichkeit, das Schuljahr freiwillig zu wiederholen, nahm trotz entsprechender Beratung nur ein Schüler in Anspruch. Es bleibt zu hoffen, dass es den Lehrerinnen und Lehrern, die dieses Jahr im zweiten Jahr der Berufsfachschule unterrichten, gelingt, möglichst viele der entstandenen Defizite aufzuholen. Auf die Abschlussquote der Prüfung der Berufsfachschule darf man in diesem Jahr jedenfalls besonders gespannt sein.

Statistisch wurden im Einführungsjahr folgende Abschlüsse erreicht:
Von insgesamt 92 Schülerinnen  und Schülern wurden 37 ins zweite Jahr der Berufsfachschule versetzt. Weitere 38 erreichten einen Hauptschulabschluss. 17 erreichten keinen Abschluss oder verließen die Schule aus verschiedenen Gründen (Schwangerschaft, disziplin- oder fehlzeitenbedingte Schulausschlüsse, Beginn einer Berufsausbildung).
schon vor dem Schuljahresende.

Auch für die Lehrkräfte im AVdual war das Einführungsjahr kein einfaches Schuljahr. Abgesehen von den geschilderten durch Covid 19 verursachten Umständen war es nicht immer leicht, den besonderen Anforderungen der Schülerklientel und dem besonderen Unterrichtskonzept gerecht zu werden. Hinzu kam eine so komplexe wie komplizierte Schulversuchsbestimmung, die den Lehrkräften schon den einen oder anderen Stolperstein in den Weg legte. Rückblickend lässt sich gerade in Anbetracht der schwierigen Umstände dennoch sagen, dass wir das erste Jahr gut gemeistert haben. Zu verdanken ist dies zum einen dem großen Engagement aller beteiligten Lehrerinnen und Lehrer, aber zum anderen auch dem während des Jahres entstandenen Zusammenhalt im Team. Gegenseitige Unterstützung ist selbstverständlich und die Stimmung im Team war mit Ausnahme der unvermeidlichen punktuellen Schwankungen immer gut.

Aufgrund der Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur rechnen wir zukünftig mit einer immer stärker werdenden Nachfrage nach dem Bildungsgang AVdual. Daher stimmt es uns zuversichtlich, guten Gewissens sagen zu können, dass wir mittlerweile gut gerüstet sind. Viele Fehler und Schwachstellen aus dem Einführungsjahr werden bereits in diesem Jahr verbessert. Der verständliche, anfängliche Respekt einiger Lehrkräfte vor dem Neuen und Unbekannten ist mittlerweile nicht mehr vorhanden. Die differenzierten Unterrichtsinhalte sind größtenteils ausgearbeitet und werden in der täglichen Arbeit optimiert. Auch im Umgang mit der doch anspruchsvollen Schülerklientel kehrt mehr und mehr Routine ein. Jetzt müsste nur noch dieses unsägliche Virus verschwinden…

Dieser Bericht aus dem Jahrbuch 20201/21 der LES ist hier unverändert wiedergegeben.