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Schulentwicklung – eine gemeinschaftliche Aufgabe

Dr. Roland Hagen

Als die Schulleitung mich bat, einige Zeilen über Schulentwicklung zu schreiben, fragte ich mich zunächst, was man genau darunter versteht, da dieser Begriff heute inflationär gebraucht wird. Fast jede Maßnahme von Verwaltung, Schulleitung, Fortbildungseinrichtungen und Politik - selbst Einsparungen - rangieren unter diesem Etikett. Der Begriff Schulentwicklung taucht im deutschsprachigen Raum erstmals zu Beginn der 1970er Jahre auf und manifestiert sich unter anderem mit der Einrichtung der »Arbeitsstelle für Schulentwicklungsforschung« an der Universität Dortmund. Gegenstand von Schulentwicklung war anfangs das Schulsystem als Ganzes (wie Standort, Schulart, Gebäude, Schul-, Bildungsplanreform etc.) und nicht die einzelne Schule.
Dies änderte sich Ende der 1980er Jahre – hier bildete sich das heutige Verständnis von Schulentwicklung. Zwei wesentliche Einflussfaktoren sind in diesem Zusammenhang zu nennen: 
Zum einen Studien zu Implementationsprozessen mit der Erkenntnis der Wichtigkeit dieser Prozesse für die erfolgreiche Realisierung von Reformen. Hier wurden nicht nur Ausführungs-, sondern auch Entscheidungs- und Kontrollprozesse mit einbezogen und eingehend untersucht. 
Der zweite entscheidende Faktor war der Ansatz der Organisationsentwicklung (entstanden in den USA Ende der 1960er Jahre), der früh und grundlegend den Fokus hin zur Entwicklung von Einzelschulen wendete. Einzug in die Schulpolitik der Bundesländer hielt das Konzept dann zu Beginn der 1990er Jahre. 
Unter Organisationsentwicklung (OE) versteht man den Lernprozess von Menschen und Organisationen: OE ist eindeutig prozessorientiert. Das Konzept der Schulentwicklung als pädagogische Organisationsentwicklung ist inzwischen ausdifferenziert und erprobt. Charakteristisch für OE-Konzepte ist, dass sie sich auf Schule als Ganzes beziehen und nicht nur auf Teilaspekte, dabei wird aber eine schrittweise Entwicklung betont, mit der Prämisse, keine Maßnahme ohne vorherige Diagnose des Istzustandes einzuleiten. Ein vornehmlicher Faktor zur Lösung konkreter Organisationsprobleme ist die Einrichtung jeweils geeigneter arbeitsfähiger Projektteams. Dabei ist die Unterrichtsentwicklung ein wesentlicher Aspekt von Schulentwicklung.
Schulentwicklung umfasst also Schule als Ganzes. Im Folgenden werden einige Teilaspekte aufgeführt:

  • Infrastruktur, Gebäude
  • Mitteleinsatz, Budgetierung
  • Organisationsentwicklung: Schulmanagement, Organisationsstruktur, Schulkultur, Konferenzkultur, Leitbild, Teambildung
  • Personalentwicklung: Personalgewinnung, Personalgespräche, Zielvereinbarungen, Professionalisierung der Schulleitung und der Lehrkräfte, Fortbildung, Schulung
  • Qualitätsmanagement 
  • Unterrichtsentwicklung: Methodentraining, Schülerorientierung, überfachliches Lernen
  • Außenbeziehungen: Schulträger, Kammern, Betriebe, Eltern, übergeordnete Behörden etc.

Aktuell laufende Entwicklungsprojekte an der Ludwig-Erhard-Schule (permanente Prozesse wie beispielsweise die Personalgewinnung, Weiterbildung werden hier nicht aufgeführt) sind:

  • Digitalisierung über den Medienentwicklungsplan (MEP), Einführung einer Tablet-Klasse, Stärkung des digitalen Unterrichts
  • Optimierung von Kommunikations- und Lernplattformen (mittelfristig Vereinheitlichung und Zusammenfassung digitaler Kommunikationsmittel)
  • Förderung der Kommunikation und Lehrergesundheit (Befragung, Evaluation, daraus resultierende Maßnahmen)
  • Ausbau des aktuellen Qualitätsmanagements mit Fokus auf das Lehrer-Lehrer-Feedback
  • Ausbau der Öffentlichkeitsarbeit und Außenwirkung (Presse, Homepage, Corporate Identity,…)
  • Professionalisierung der Schulleitung
  • Entwicklung und Stabilisierung der Bildungsangebote
  • Lernen mit Rückenwind

Wichtig für den Erfolg von Schulentwicklung ist das Erkennen lokaler Probleme, idealerweise gekoppelt mit dem Bedürfnis nach Veränderung unter Einbeziehung und Mitarbeit möglichst vieler Mitglieder der Organisation. Erfolgsförderlich für entsprechende Entwicklungsprojekte sind geeignete institutionelle Rahmenbedingungen (wie die Schaffung arbeitsfähiger Teams, Fort- und Weiterbildung, Einbindung und Information der Organisationsmitglieder in beziehungsweise über das Prozessgeschehen). Die schrittweise Entwicklung von Schule wird über priorisierte Einzelprojekte umgesetzt und zieht sich über einen längeren Planungszeitraum. Über den aktuellen Stand der jeweiligen Projekte informieren Schulleitung und Projektverantwortliche regelmäßig mittels verschiedener Kommunikationskanäle: Dazu gehören unter anderem Schuljahrbuch, Konferenzen, Schwarzes Brett im Intranet und Rundmails.
Unsere Schule zu entwickeln und zu gestalten ist also eine gemeinschaftliche Aufgabe, wenn dies erfolgreich und nachhaltig gelingen soll. Die Schulleitung bittet Sie daher um engagierte Mitarbeit in den bereits laufenden Entwicklungsprojekten und nimmt gerne zusätzliche Impulse zur Schulentwicklung entgegen.

Literatur

Buchen/Rolff (Hrsg.): Professionswissen Schulleitung, Beltz Verlag 2015.

Dieser Beitrag erschein im Jahrbuch 2021/22 der LES. Er ist hier unverändert wiedergegeben.